Erfahrung Flachter Pfarrerehepaar zeigt sich von Stiftungsbesuch bei afrikanischen Partnern beeindruckt und berührt
Flacht/Holzheim. „Wir sind nach dieser Reise andere Menschen als vorher“, sagt Pfarrer Daniel Cremers aus Flacht. Zusammen mit seiner Frau Esther Reininghaus-Cremers nahm er an der Besuchsreise der „Ruanda-Stiftung Helmut Weimar“ in den ostafrikanischen Partner-Sektor von Holzheim teil.
Sein Wunsch nach dem gut einwöchigen Aufenthalt: „Es wäre gut, wenn das mehr Menschen erleben könnten.“ Es sei eben ein Unterschied, über das Elend nur zu lesen oder es unmittelbar zu erleben. „So ein Aufenthalt relativiert doch einiges von den Sorgen und Problemen, mit denen wir uns hier beschäftigen.“
Die elfköpfige Delegation der Holzheimer Ruanda-Stiftung, zu der auch die Kirchengemeinde Flacht gehört, machte sich unter der Leitung von Helmut Weimar und Theo Zwanziger unter anderem ein Bild von den aktuellen Hilfsprojekten in einem der landschaftlich schönsten, aber auch einem der ärmsten Länder Afrikas. Unvergessen bleibt den erstmals in Ruanda weilenden Besuchern aus Flacht aber auch die überall sichtbare Armut der Menschen.
Reininghaus-Cremers: „Zu Hunderten sahen wir Menschen jeden Alters, die von früh bis spät mit gelben Kanistern zu den Wasserstellen unterwegs waren.“ Glücklich könne sich schätzen, wer ein Fahrrad besitze. „Fließendes Wasser ist für uns die selbstverständlichste Sache von der Welt – in Ruanda ist es ein absoluter Luxus.“
Ein begeisterter Empfang wurde den Gästen von der Aar in der auf 2700 Metern Höhe gelegenen Primarschule Nyiragikokora bereitet. Die Schule befindet sich in einem schlechten Zustand und soll in diesem Jahr noch durch Spendengelder aus der Holzheimer Ruanda-Stiftung angemessen renoviert werden (die RLZ berichtete). „Die Freude und Dankbarkeit darüber war unvergleichlich und berührend zugleich“, schildert Esther Reininghaus-Cremers die besondere Begegnung.
Dunkles Kapitel in der Geschichte Ruandas macht Besucher aus Flacht betroffen
Für die beiden Theologen war besonders die Begegnung mit Pater J. Bosco in der katholischen Kirchengemeinde des Partnersektors Rambura bewegend, der dort stattliche 50 000 gläubige Katholiken betreut.
Während sich etwa 90 Prozent der knapp zwölf Millionen Einwohner offen zum Christentum bekennen, werde trotz vieler Gedenkstätten mit einem der dunkelsten Kapitel der Geschichte Ruandas sehr verhalten-schweigsam umgegangen: dem Genozid im Jahre 1994.
Bosco schilderte seine eigenen Erinnerungen an diese Zeit und führte sie in eine Privatkapelle der Priester, in der am ersten Tag des Völkermordes drei Tutsi-Priester von aufgebrachten Hutus umgebracht wurden.
Tränen trieb den Besuchern von der Aar schließlich der Besuch der Genozid-Gedenkstätte Ntarama, einer ehemaligen Kirche, in die Augen. Dorthin hatten sich 5000 Menschen geflüchtet in der Hoffnung, der Lynchmob würde wenigstens vor einem Gotteshaus Halt machen.
Doch wurde den hilflosen Menschen diese Hoffnung zum Verhängnis. Am 15. April 1994 begann das Massaker in Ntarama: beide Eingänge der Kirche wurden blockiert, sodass eine Flucht unmöglich war. Mit Macheten, Äxten und Granaten wurden alle 5000 Männer, Frauen und unzählige Kinder umgebracht.
„Heute ist der Kirchenraum als mahnende Erinnerung gefüllt mit teils blutdurchtränkter Kleidung, vielen aufgebahrten Knochen und anderen stillen Zeugen eines Völkermords, der innerhalb von 100 Tagen geschätzt eine Million Opfer zurückließ“, erzählt Cremers und fügt hinzu: Die zur damaligen Zeit im Land stationierten UN-Soldaten hatten die strikte Auflage, nicht einzugreifen.