Kleinste deutsche Gemeinde, die einer Gemeinde in der Dritten Welt verbunden ist – Eine vorbildliche Infrastruktur geschaffen – Deutsch wird demnächst zweite Fremdsprache
Holzheim pflegt seit 1988 Partnerschaft mit dem Sektor Birembo in Ruanda
Seit nunmehr 16 Jahren pflegt Holzheim die Partnerschaft mit dem Sektor Birembo in Ruanda. Obwohl Holzheim die kleinste deutsche Gemeinde überhaupt ist, die eine Partnerschaft mit einer Gemeinde in der Dritten Welt unterhält, kann der Ort und insbesondere die Verantwortlichen der Ruandahilfe stolz sein, auf das bisher vollbrachte.
HOLZHEIM. Vor 16 Jahren, am 20. Juli 1988, schloss die Ortsgemeinde Holzheim mit dem Sektor Birembo im heutigen Distrikt Gasiza in Ruanda eine kommunale Partnerschaft. Damit ist Holzheim mit seinen 970 Einwohnern nicht nur die kleinste rheinland- pfälzische Gemeinde, die zu einer Kommune im Partnerland Ruanda eine Partnerschaft unterhält, sondern auch die kleinste deutsche Gemeinde, die ein solches Verhältnis zu einer Gemeinde in der Dritten Welt pflegt. Im Laufe der nun 16–jährigen Partnerschaft hat die Aargemeinde in dem zirka 7000 Einwohner großen Partnerschaftssektor eine für Ruanda vorbildliche Infrastruktur geschaffen. Die Holzheimer Partnerschaftshilfe um den Ruandabeautragten Helmut Weimar konzentriert sich dabei auf drei wesentliche Säulen: die Verbesserung der Infrastruktur und der Wasser- und Stromversorgung, die Bildung sowie das Thema Gesundheit.
Bau der Schule war nötig
So wurde einst mit 25 Quell fassungen zunächst die Versorgung der Menschen in Birembo mit sauberem Trinkwasser sichergestellt. Durch das Verlegen eines rund ein Kilometer langen Stromkabels von einer Trafostation im Tal erfolgte als nächstes Projekt die Stromversorgung des Bergsektors. Von besonderer Notwendigkeit war der Bau und die zwischenzeitliche Erweiterung einer Primarschule mit nunmehr 17 Klassenräumen, in der 1589 Schülerinnen und Schüler von 19 Lehrern zweischichtig unterrichtet werden. Die Primarschule Birembo hat sich aufgrund ihres hohen Standards und ihrer hervorragenden Funktionsfähigkeit mittlerweile zu einem Schulzentrum entwickelt. Alle Fenster und Türen sind verglast. Die Schule hat als einzige ruandische Primarschule elektrisches Licht, ist optimal möbliert und ausgestattet. Eine Schulsportanlage komplettiert dieses vorbildliche Schulzentrum. Dem Wunsch der Schulleitung, Deutsch als zweite Fremdsprache im Kurssystem einzuführen, wird mit Holzheimer Hilfe in Kürze ebenfalls entsprochen. Die benötigten Lehrbücher werden aus Frankreich beschafft.
Barfuß über 15 Kilometer
Zurzeit müssen allerdings noch 332 Kinder aus der südlichen Region des 2800 Meter hoch gelegenen Bergsektors in einer alten Kapelle und in einem Privathaus unterrichtet werden. Um diesen Kindern den 15 Kilometer langen Fußwege – den sie barfuß bestreiten – zu ersparen, ist im kommenden Jahr der Bau einer Außen- beziehungsweise Zweigschule geplant. Die Deutsche Botschaft in Kigali, das Land Rheinland–Pfalz und das katholische Kindermissionswerk “Die Sternsinger” Aachen haben bereits finanzielle Unterstützung zugesagt. Ein neuer Weg mit zwei kleinen Brücken sowie der Bau der Schule erfolgt, wie bei allen Baumaßnahmen, in Eigenleistung durch die Bürger von Birembo oder durch Handwerker der Region.
Den Strom zahlt Holzheim
Die Ruandahilfe Holzheim unterstützt außerdem die beiden in Birembo liegenden Sekundärschulen Kibihekane und Kibisabo mit Schulmaterialien. Um auch die dritte Säule “Gesundheitswesen” zu realisieren, wurde mit Holzheimer Hilfe im Jahr 2000 eine Gesundheitsstation für die medizinische Erstversorgung gebaut und eingerichtet. Sie wird von einer Diplom–Krankenschwester geleitet, die in ihrer Arbeit von fünf weiteren Schwestern und Hilfskräften unterstützt wird. Die Hauptverantwortung trägt der Distriktarzt aus Kabaya, der insgesamt 247 000 Menschen zu versorgen hat. Die Personal- und Stromkosten werden zum Teil von Holzheim übernommen. Durch die Neueinrichtung eines Büros für den Hausmeister in einem anderen Gebäude, wurde auch die Gesundheitsstation im Jahr 2002 um zwei Räume und in diesem Jahr durch einen Anbau um weitere fünf Räume erweitert. Um den Gebäudekomplex wurde überdies eine von Holzheim finanzierte Zaunanlage installiert.
Anfang 2003 erhielt die Gesundheitsstation – inzwischen umbenannt in Gesundheitszentrum – dank einer Spende des Diezer Lions–Club einen Krankenwagen. Besonders wichtig ist in Afrika die Bekämpfung von Aids. Obwohl in Birembo die Aids–Quote verhältnismäßig gering ist, beginnt man bereits in der Primarschule mit der Aufklärung und hat einen von der Ruandahilfe Holzheim unterstützen “Anti–Aids–Club” gegründet. Durch gemeinsame Intervention des Distriktarztes und des Holzheimer Ruandabeauftragten Helmut Weimar bei den ruandischen Gesundheitsbehörden wurde Birembo in das PMTC-Programm aufgenommen. Dieses Programm ermöglicht, durch medikamentöse Behandlung die Übertragung der Krankheit von einer an Aids erkrankten Mutter auf das Neugeborene zu verhindern. Der Neubau eines Labors und die späteren Kosten werden von der amerikanischen Regierung übernommen.
Zwölf Euro zum Leben
Mit dem Erlös eines Almab triebs mit Schweizer Rindern im vergangenen Herbst in Holzheim wurde die Frauenkooperative “Giraneza” unterstützt. Dort leben 30 Witwen mit ihren Kindern, die sich ohne sonstige Hilfe selbst ernähren müssen. Sie können dies, durch die Haltung von 70 Ziegen, einer Getreidemühle und durch gegenseitige Hilfe in einer zur Verfügung gestellten Lehmhütte. Jeder Witwe reicht ein Monatseinkommen von umgerechnet zwölf Euro, um sich selbst und die Kinder ernähren zu können.
Hilfe für Waisenkinder
Nach Auffassung der Holz heimer Ruandahilfe ist bei allen Projekten die Nachhaltigkeit von großer Bedeutung. So müssen alle Einrichtungen ständig gepflegt und überwacht werden. Dies wird in Birembo auch durch den Partnerschaftsausschuss des Sektors vor Ort sichergestellt. Die geringen finanziellen Möglichkeiten der ruandischen Partner gebieten es, auch in Zukunft die Schulen mit Schulmaterial und die Gesundheitsstation mit Medikamenten zu versorgen und die Stromkosten für diese Einrichtungen zu übernehmen. Außerdem werden auch in den kommenden Jahren die 200 Waisenkinder Birembos durch die Übernahme von Schülerpatenschaften – 24 Euro pro Kind und Jahr – unterstützt. Der Betrag hat sich um zwei Euro erhöht, da die Kinder ab sofort einen jährlichen “Schüler–Krankenkassenbeitrag” entrichten müssen.
Rh.-Lahn-Ztg. Diez vom Donnerstag, 30. September 2004, Seite 14