Rhein Lahn Kreis
Fachleute stehen Bürgern Rede und Antwort

Fachleute stehen Bürgern Rede und Antwort

Aarumgehung – Fragerunden bei beiden Informationsveranstaltungen in Flacht und Niederneisen – Insgesamt rund 430 Besucher

Ulrich Neuroth am Mikrofon. Links neben ihm Joachim Schmidt, der beide Informationsveranstaltungen moderierte und gleich zu Beginn die Regeln für die Fragerunden aufstellte, an die sich die Besucher weitgehend hielten. Fotos: Uli Pohl

Von unserem RedakteurUli Pohl M Flacht/Niederneisen.

Nachdem am Dienstag rund 250 Besucher in die Turnhalle nach Niederneisen gekommen waren, gab es auch auf die zweite Informationsveranstaltung des Landesbetriebs Mobilität (LBM) in Flacht eine große Resonanz.

Dort folgten rund 180 Bürger der Einladung der Behörde, die umfassend über den aktuellen Planungsstand der Aarumgehung und die vorgezogene Bürgerbeteiligung im Rahmen des Raumordnungsverfahrens berichtete.

Wie in Niederneisen informierte zunächst Lutz Nink, der stellvertretende Leiter des LBM, über die aktuelle Situation, gab aber gleichzeitig einen Rückblick auf die bisherigen Verfahrensschritte (die RLZ berichtete). Nach der Vorstellung der Planung konnten die Bürger in Flacht – genau wie in Niederneisen – ihre Fragen an die Fachleute auf dem Podium richten.

Etwa 250 Besucher in Niederneisen (Foto oben) und rund 180 in Flacht. Die beiden Infoveranstaltungen machten deutlich, wie groß das Interesse am Projekt der Aarumgehung ist. Die Besucher kamen zum größten Teil aus Niederneisen, Flacht, Oberneisen und Holzheim. In den Fragerunden kristallisierten sich in beiden Veranstaltungen Schwerpunkte in der Problematik der Aarumgehung heraus.

Zum einen äußerten sich Bürger über die hohe Belastung der B 54-Anwohner durch Lärm, Staub, Schadstoffe und Erschütterungen, die besonders vom Schwerverkehr erzeugt werden. Auf der anderen Seite sehen Bürger das Landschaftsbild durch die ortsferne Variante IV gefährdet.

„Unser Dorfkern wird ohne die Umgehung entwertet und aussterben“, beklagte eine Frau aus Flacht. Ein anderer Bürger fragte nach, wer denn für die Schäden aufkommt, die durch die hohe Belastung an seinem Wohnhaus entstanden sind. Darauf antwortete Ulrich Neuroth, Leiter des LBM, dass es dazu keine gesetzliche Regelung gibt: „Es tut mir leid, aber dafür gibt es keine Entschädigungen, da die Erschütterungen nicht greifbar sind. Es ist schwer, die Schäden an den Häusern dem Verkehr zuzuordnen.“

Ein weiteres Thema war eine Tempo-30-Zone, um den Lärm und den Ausstoß der Schadstoffe zu reduzieren. Als Beispiel wurde die Diezer Straße in Limburg genannt, wo in den Nachtstunden Tempo 30 eingerichtet ist. „In Rheinland-Pfalz gibt es keine gesetzliche Grundlage, Tempo 30 in einer kompletten Ortsdurchfahrt einzurichten. Die ist bei uns nur in Teilabschnitten wie beispielsweise in Altendiez möglich.“

Die Anwohner an der B 54 leiden unter dem hohen Verkehrsaufkommen. Einen großen Anteil trägt der Schwerlastverkehr bei.

Zu möglichen Geschwindigkeitskontrollen sagte VG-Bürgermeister Volker Satony, dass er dem Verbandsgemeinderat vorschlägt, die innerörtliche Tempokontrolle auf die Verbandsgemeinde zu übertragen. Satony äußerte sich weiter zu den losen Kanaldeckeln auf der B 54 in der Ortsdurchfahrt, die zusätzlichen Lärm verursachen. „Wir haben die mangelhaften Deckel im Blick, doch wir müssen eine Gleichbehandlung mit anderen Orten einhalten, wo die Situation genauso ist. Die Deckel in Flacht und Niederneisen werden wir im Frühjahr angehen.“

Dem fügte Lutz Nink hinzu, dass der LBM alle Maßnahmen ergreife, um die Bürger zu entlasten. Zum vorgeschlagenen Flüsterasphalt für die B 54 sagte Neuroth: „Dieser spezielle Asphalt macht sich erst ab einer Geschwindigkeit von 50 km/h bemerkbar. Er ist also für innerörtliche Straßen nicht geeignet.“

„Wenn die vorgeschlagene Variante im Raumordnungsverfahren nicht verträglich ist, muss alles neu überdacht werden“, antwortete Ulrich Neuroth auf eine entsprechende Frage. Weiter fügte Lutz Nink an: „Wenn sich entweder Flacht oder Niederneisen gegen die Variante IV ausspricht, ist das Gesamtprojekt ebenfalls beendet.“

Viele Besucher wollten die Ausmaße der Bauwerke, der Fahrbahnen und der Korridore erfahren. Darauf antworteten Nink und Neuroth: „Es gibt noch keinen genauen Korridor. Die zurzeit geplante Linie kann immer noch nach allen Richtungen abweichen. Zurzeit betragen die Spannweiten der Brückenbauwerke zwischen Flacht und Holzheim 80 Meter und zwischen Niederneisen und Oberneisen etwa 220 Meter.“ Die tatsächliche Länge und auch die Höhe würden sich erst aus dem genauen Verlauf ergeben.

Zur Höhe der Brücken berichtete Neuroth, dass für die Aartalbahn ein Lichtraumprofil von 5,50 Meter freigelassen werden müsse. Die Höhe sei weiter von der topografischen Lage des Bauwerks abhängig. Eine mögliche Lärmschutzwand würde eine Höhe von etwa zwei Metern aufweisen. Nink berichtete weiter, dass zurzeit an zwei Steigungen mit einer zusätzlichen Überholspur für Pkw zu rechnen ist. Innerörtliche Zufahrtsstraßen zur Variante IV seien nicht vorgesehen.

Da die Ortsumgehung Niederneisen/Flacht erneut für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans angemeldet ist, wird das Nutzen-Kosten-Verhältnis neu berechnet. „Wir gehen jedoch davon aus, dass wir weiter die Voraussetzungen erfüllen“, so Nink. Auch eine Umfahrung der beiden Orte in westlicher Richtung kam zur Sprache. Die sei topografisch problematischer, länger und daher noch kostenintensiver, berichtete Nink. Joachim Schmidt, der als neutraler Moderator die beiden Veranstaltungen in Flacht und Niederneisen gekonnt leitete, hatte zum Abschluss in Flacht einen Appell parat, der ebenfalls zu einer Verkehrsberuhigung in der Ortsdurchfahrt Niederneisen und Flacht führt: „Jeder sollte sein eigenes Fahrverhalten überprüfen und auf sein Tempo achten – zum Wohl der Anwohner an der B 54.“

Der LBM steht weiter für Fragen zur Umgehung bereit. Weiter wird er Sprechstunden für den Zeitraum der Stellungnahmen im Rahmen des Raumordnungsverfahrens anbieten. Die Termine werden rechtzeitig mitgeteilt.

Ortsbürgermeister bekräftigen den Beschluss zur Variante IV

Sowohl Thomas Scheid, Ortsbürgermeister aus Flacht, als auch Karl Werner Jüngst (Niederneisen) sprachen sich in den Infoveranstaltungen erneut und eindeutig für die Vorschlagsvariante IV, die ortsferne Trasse, aus.

„Ist eine Realisierung der Variante IV nicht möglich, werden wir unsere Beschlüsse zu den Varianten I bis III nicht revidieren. Das versichere ich“, sagte Karl Werner Jüngst.

Die Ortsgemeinderäte von Flacht und Niederneisen hatten sich darin gegen die vom LBM vorgeschlagenen Trassen ausgesprochen, die nah an der Wohnbebauung verlaufen und beide Orte, vor allem Niederneisen, zerschneiden. Scheid betonte in Flacht erneut, dass über die mögliche Bürgerbefragung, die von Flacht und Niederneisen in Abstimmung mit der Verbandsgemeinde vorgeschlagen wurde, erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden wird: „Der Rat wird die Situation nach den beiden Informationsveranstaltung bewerten und dann erst eventuelle Beschlüsse fassen.“ up

Rh.-Lahn-Ztg. Diez vom Freitag, 24. Januar 2014, Seite 20

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