Der MGV “Eintracht” Holzheim sucht nach neuen Mitgliedern – Modernes Liedgut und Tradition
Vor zwei Jahren feierte der älteste Verein aus Holzheim, der traditionsreiche Männergesangverein “Eintracht”, 125–jähriges Bestehen und das 10. Jubiläum des zu ihm gehörenden Kinder- und Jugendchors. Im gleichen Jahr schlossen sich der Niederneisener und der Holzheimer Kinderchor zusammen, um wieder auf “stabileren Füßen” stehen zu können.
Jeden Montagnachmittag proben etwa 30 Kinder ab sechs Jahren unter der Leitung von Matthias Böcher. Der Raum wechselt alle drei Monate zwischen der Ardeck–Halle in Holzheim und der Grundschule in Niederneisen, damit keine Gemeinde benachteiligt wird. Doch aus Holzheim sind nur fünf Nachwuchssänger vertreten, was den Vorsitzenden Werner Becker traurig macht: “Das Interesse am Singen hat bei uns im Ort leider nachgelassen.” Bei den Erwachsenen herrscht dasselbe Problem, dem Verein fehlt es an aktiven Mitgliedern. Auch wenn die 18 Sänger mit Spaß und Freude mittwochabends ins Lokal Ebel zur Probe kommen, ist das Fortbestehen des Vereins noch ungewiss. Die Zahl der aktiven Mitglieder ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, ältere Sänger schieden aus, die nachkommenden konnten diesen Verlust nicht mehr auffangen.
“Solange noch ein Stimmenausgleich besteht, können wir den Chor erhalten, aber sobald eine ausfällt, geht es nicht mehr”, erklärte der erste Schriftführer Frank Bapst mit Bedauern. Da die Herren den traditionsreichen Verein nicht einfach aufgeben wollen, haben sie für die kommenden Wochen eine Werbeaktion im Ort geplant. Sie wollen jede männliche Person mittleren Alters persönlich ansprechen und auch die Kinder wieder mehr für Musik begeistern.
Dabei ist es dem MGV “Eintracht” besonders wichtig, sich von dem Klischee eines langweiligen und altertümlichen Chores zu entfernen. Sein junger Chorleiter Matthias Böcher studiert mit ihnen auch moderne Schlager wie “Marmor, Stein und Eisen bricht” ein. Auch wenn sie das Traditionsliedgut weiter erhalten und pflegen wollen, handelt es sich bei ihnen nicht um steifen Chorgesang, sondern besonders um Geselligkeit und Freude am Singen.
“Mit den moderneren Stücken streben wir keine grundsätzliche Kehrtwende unserer Traditionen an, sondern wollen für ein abwechslungsreicheres Programm sorgen”, erklärte Werner Becker. Das Gemeindeleben in Holzheim ist ohne den MGV “Eintracht” eigentlich unvorstellbar, denn bei Veranstaltungen im Ort wird die Mitwirkung des Chores als selbstverständlich angesehen. “Auch wenn es mal ums Anpacken ging, war der MGV immer präsent, daher ist es um so bedauerlicher, dass uns jetzt die Resonanz aus dem Ort fehlt”, fügte Frank Bapst bedrückt hinzu. “Es wäre zu schade, wenn einer der ältesten Kulturträger im Ort altersbedingt aufhören müsste”.
Bapst meint, fünf bis zehn neue Mitglieder würden den Verein einen weiten Schritt nach vorne bringen; doch es ist schwierig, Menschen für den Chorgesang zu begeistern. Aber trotz der schlechten Situation legen die Sänger nicht ihre Hände in den Schoß. Erst vergangenen Samstag hatten sie einen Auftritt in Holzheim bei Neuss, wo der “Holzheimer Steingarten” eingeweiht wurde und 14 von 21 weiteren Holzheim–Gemeinden aus Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz anwesend waren. Solange es musikalisch geht, wollen sie weiter singen und sich für ihren Verein engagieren.
Rh.-Lahn-Ztg. Diez vom Donnerstag, 23. September 2004, Seite 16